Taxonomie
Verhalten
Territorialverhalten
Sozialverhalten
Paarungsverhalten
Fressverhalten
Fluchtverhalten
Ruheverhalten
Jahreszyklus
Genetik
|
Aus menschlicher Sicht
kann man bei den alltäglichen Aktivitäten von Axolotl wohl
eher von einem "Nichtverhalten" sprechen als von einem "Verhalten".
Fressen, F**ken, Faulenzen - darin erschöpft sich mit zunehmendem
Alter die Aktivität der "Zeitlupentiere".
Ein Axolotl würde diesem Vorwurf sicherlich vehement widersprechen:
Wie bei praktisch allen Tierarten ist sein Verhalten ausschließlich
darauf ausgerichtet, sein individuelles Leben und das seiner Art zu
sichern, und zwar ohne unnötige Kraftverschwendung. Dass dazu
keine besonderen "Anstrengungen" notwendig sind, ist ein
zweischneidiges Schwert: Es zeigt zum einen, wie effizient der Axolotl
an sein endemisches
Verbreitungsgebiet, die Seen der mexikanischen Hochebene, angepasst
ist; zum anderen macht es ihn in praktisch allen anderen Gegenden
der Erde überlebensunfähig.
Von den vielen hunderttausenden Axolotl, die im Verlauf der letzten
14 Jahrzehnte ihr Leben in tristen Laborbecken fristen und lassen
mussten, standen leider die wenigsten im Dienst der Verhaltensforschung,
und eine ausgiebige Beobachtung in den schon seit langem nur noch
kümmerlichen Resten des natürlichen Habitats ist wenig mehr
als aussichtslos. Daher ist das, was heute über das Verhalten
der Tiere bekannt ist, hauptsächlich (wenn nicht ausschließlich)
das Ergebnis von Beobachtungen in Gefangenschaft. Nichtsdestotrotz
zeigt sich auch hier ziemlich deutlich, dass zur Ausprägung allzu
spezifischer Verhaltensweisen wie z.B. Balz- und Territorialverhalten
aus evolutionärer Sicht beim Axolotl keine Notwendigkeit bestand.
Die Verhaltensweisen, die für uns von Interesse sind, lassen
sich am besten in Form eines Steckbriefes zusammenfassen:
Territorialverhalten |
Standorttreue |
Nicht erkennbar.
Wo es einem Axolotl gefällt, bleibt er sitzen, und wenn
es ihm nicht mehr gefällt, wandert er weiter. Bei starkem
Licht suchen die Tiere schattige Plätze auf; es deutet
jedoch auch hier nichts darauf hin, dass sie sich an solche
Plätze erinnern und sie bei Bedarf gezielt aufsuchen.
Vor allem in den ersten Lebensmonaten kommt es vor, dass Axolotl
soviel Luft schlucken, dass sie an der Wasseroberfläche
schwimmen, und sich dann über längere Zeiträume
(mehrere Stunden bis mehrere Wochen) treiben lassen. Sie verhalten
sich dabei völlig entspannt und fressen ganz normal, was
(meine persönliche Meinung) die Hypothese erlaubt, dass
dieses Verhalten der Ausbreitung (per Wasserströmung) zur
Vermeidung von lokalen Überpopulationen dient. |
Revierbildung |
Nicht vorhanden.
Da keines der Geschlechter zumindest außerhalb des Zeitumfelds
der Paarung Konkurrenzverhalten gegenüber Artgenossen an
den Tag legt, besteht hierzu im Einklang mit der nicht erkennbaren
Standorttreue auch keine Notwendigkeit. |
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Sozialverhalten |
Allgemein |
Grundsätzlich
sind Axolotl Einzelgänger, tolerieren jedoch Artgenossen
gleich welchen Geschlechts ohne die geringsten Berührungsängste.
Gerade wenn Verstecke von mehreren Tieren gleichzeitig aufgesucht
werden, stapeln sich die Tiere bei beengten Verhältnissen
geradezu übereinander.
Ein wenig schwer zu beantworten (zumindest auf meinem Kenntnisstand)
ist die Frage, ob Axolotl in der Lage sind, Artgenossen überhaupt
als solche wahrzunehmen (mit Ausnahme der wahrscheinlich olfaktorischen
Identifizierung von Sexualpartnern), oder ob sie pauschal alle
Tiere gleicher Größe als "gleichwertig und -artig"
ansehen. Diese Frage ist umso schwerer zu beantworten, als es
in ihrem natürlichen Umfeld keine aquatischen Tiere ähnlicher
Größe gibt (selbst die dort vorkommenden Fischarten
sind durchweg kleinbleibend). Auch für die Haltung in Gefangenschaft
ist mir keine kompatible Tierart bekannt, die mit Axolotl zusammen
gehalten werden könnte und so Aufschluss erlauben würde.
Da Axolotl auch die eigenen Jungen ohne Zögern fressen,
kann auch hieraus kein Rückschluss auf die Erkennung gezogen
werden. |
Konkurrenzverhalten |
Abgesehen von
Streitereien um Futter habe ich niemals Konkurrenzverhalten
beobachten können. |
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Paarungsverhalten |
Auslöser |
In der natürlichen
Umgebung der Axolotl wird die Paarungsbereitschaft durch den
Beginn des Frühlings (Anstieg der Wassertemperatur, Verkürzung
der nächtlichen Dunkelphasen) ausgelöst, und die Paarung
findet mit großer Regelmäßigkeit jahreszyklisch
statt. Bei Aquarienhaltung lässt sich die Paarungsbereitschaft
durch Nachbildung einzelner oder mehrerer Aspekte des Frühlingsanfangs
(zu beliebigen Zeiten) erhöhen, aber auch, wenn über
das ganze Jahr Temperatur, Beleuchtungsstärke, -spektrum
und -dauer gleich bleiben, kommt es immer wieder zu Paarungen,
wenn Tiere beider Geschlechter zusammen gehalten werden. |
Partnerwahl |
Die Initiative
bei der Partnerwahl (man sollte wohl eher "Partnersuche"
sagen, denn wählerisch scheinen die Tiere dabei nicht zu
sein) übernimmt das Männchen. Ist es paarungsbereit,
"schnuppert" es an der Kloake des bzw. der Weibchen,
um, offensichtlich per Geruchssinn, ein paarungsbereites Pendant
zu finden. Wird ein passender Geschlechtspartner gefunden, löst
das beim Männchen die Ablage einer oder mehrerer Spermatophoren
aus.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass Männchen, die vor der Verpaarung
einige Wochen allein gehalten wurden (also nicht nur durch ein
Gitter oder Netz von den Weibchen getrennt, sondern in einem
vollständig separaten Behälter mit eigenem Wasserkreislauf),
stärker auf paarungsbereite Weibchen reagieren als solche,
die im gleichen Becken wie die Weibchen gehalten wurden. Dies
legt den Schluss nahe, dass die Stärke des olfaktorischen
Reizes der Weibchen entscheidend für die Auslösung
der Paarung ist. |
Balz |
Ein über
die rein mechanisch zur Paarung notwendigen Verhaltensweisen
hinausgehendes charakteristisches Balzverhalten legen Axolotl
nicht an den Tag. |
Paarung |
Nachdem das
Männchen ein paarungsbereites Weibchen gefunden hat, heftet
es in der Nähe des Weibchens eine oder mehrere Spermatophoren
an den Bodengrund. Danach versucht es, das Weibchen unmittelbar
zur Spermatophore hinzuschieben; zu diesem Zweck bringt es seine
Schnauze unter den Bauch des Weibchens und "schubst"
dieses seitlich in Richtung der Spermatophore.
Gelingt dies, nimmt das Weibchen die Spermatophore mit der Kloake
auf. Die Befruchtung erfolgt im Körper des Weibchens. Acht
bis achtundvierzig Stunden nach der Aufnahme der Spermatophore(n)
legt dann das Weibchen die befruchteten Eier ab (Details zum
Vorgang der Eiablage finden sich auf der entsprechenden
Seite im Kapitel "Zucht"). |
Brutpflege |
Eine
Brutpflege findet nicht statt; ganz im Gegenteil: Einmal abgelegt,
ist das Gelege für das Weibchen nicht mehr von Interesse
(Für das Männchen ist die Anteilnahme sowieso schon
nach der erfolgreichen Paarung erledigt). Trifft eines der Elterntiere
(oder irgendein anderer Axolotl) später auf eine der geschlüpften
Larven, so wird diese gefressen. |
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Fressverhalten |
Allgemein |
Kaum ein Tier,
sei es ein Säugetier oder eine Seegurke, verhält sich
in seiner Überlebensstrategie so passiv wie der Axolotl.
Dass er auf diese Weise offensichtlich mehrere hundert Millionen
Jahre überleben konnte (bzw., um es korrekt zu sagen, dass
diese Strategie das Ergebnis von mehreren hundert Millionen
Jahren Evolution ist), gibt ihm zum einen recht bezüglich
seiner "Faulheit", ist aber zum anderen wohl auch
einer der wesentlichen Gründe dafür, dass Axolotl
im Gegensatz zu anderen Ambystomatiden niemals eine nennenswerte
geographische Ausbreitung erreicht haben. |
Futtersuche |
Axolotl sind
Lauerjäger; d.h. sie verharren weitgehend bewegungslos,
bis ein Futtertier in erreichbare Nähe gelangt. Dann wird
durch die weiter unten beschriebenen Schlüsselreize das
ebenfalls weiter unten beschriebene Saugschnappen ausgelöst.
Dieses Grundverhalten ist allerdings Änderungen durch Lerneffekte/Konditionierung
unterworfen. So kann z.B. beobachtet werden, dass Axolotl, die
daran gewöhnt sind, das Futter vom Halter von oben gereicht
zu bekommen, den Kopf in Richtung Wasseroberfläche heben,
sobald sich ein Mensch vor dem Aquarium bemerkbar macht. |
Futterspektrum |
Axolotl
ernähren sich rein karnivor (also ausschließlich
von anderen Tieren und nicht von Pflanzen). In Gefangenschaft
nehmen sie auch totes Futter an; in der Natur hingegen dürfte
dies verglichen mit lebenden Futtertieren eine untergeordnete
Rolle spielen.
Eine Spezialisierung auf bestimmte Beutetiere gibt es nicht;
Fische, Insekten, deren Larven, Würmer, Schnecken und auch
die eigenen Jungen stehen auf dem Speiseplan. |
Nahrungsaufnahme |
Befindet sich
ein Futtertier (oder auch ein vermeintliches Futtertier wie
z.B. der Finger des Halters, siehe Schlüsselreize) in erreichbarer
Nähe, reißt der Axolotl ruckartig sein Maul weit
auf, so dass das umliegende Wasser und alles, was sich darin
befindet, eingesaugt wird (sog. "Saugschnappen").
Anschließend versucht der Axolotl, das Futtertier herunterzuwürgen;
gelingt das nicht, wird es zunächst durch kurze Schnappbewegungen
in die richtige Lage gedreht. Falls ein lebendes Futtertier
sich wehrt, begegnet der Axolotl dem mit heftigem Kopfschütteln
und "Nachbeißen".
Bei tot gereichten Futtertieren legen Axolotl lange nicht diesen
Elan an den Tag, sondern gehen die Sache weitaus geruhsamer
an. Hier nehmen sie sich auch die Ruhe, zu versuchen, mit eingesaugte
Sandkörner, Kiesel etc. wieder auszuspucken, was bei lebenden
Futtertieren meist im Eifer des Gefechts weggelassen wird. |
Schlüsselreize |
Axolotl identifizieren
ihr Futter primär nach visuellen und sekundär nach
olfaktorischen Signalen, und dies, obwohl sie nicht allzu gut
sehen können. Speziell das dreidimensionale Sehen scheint
nicht besonders gut ausgeprägt zu sein, denn gelegentlich
kommt es vor, dass das verführerische Blitzen einer verchromten
Futterpinzette schon auf größere Entfernung, die
einen "Erfolg" unmöglich macht, das Saugschnappen
auslöst.
Während visuelle Reize verständlicherweise eine zielgerichtete
Aktion auslösen (Nach dem Ausmachen eines Futtertieres
bewegen sich die Axolotl bei Bedarf auch ein Stück weit
darauf zu, allerdings nicht mehr als ein paar Zentimeter - es
ist ihnen wohl klar, dass sie als Jäger nicht besonders
viel taugen), scheinen Gerüche eine eher ungerichtete Suche
nach der Geruchsquelle zu provozieren. Möglicherweise sind
die Axolotl in der Natur in dieser Hinsicht aber fähiger,
als es die Beobachtungen im Aquarium nahelegen, denn die permanente
Umwälzung des Aquarienwassers durch die Filterpumpe macht
es ihnen natürlich schwer, die Richtung zur Geruchsquelle
zu finden (wobei man dagegenhalten könnte, dass Fische
dieses Problem in der Regel nicht haben). |
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Fluchtverhalten |
Allgemein |
Das Fluchtverhalten
von Axolotl ist impulsiv und ungezielt; wird ein Tier erschreckt,
legt es die Beine an und schwimmt mit schnellen Schwanzschlägen
in die Richtung, in die die Schnauze gerade zeigt, bis es sich
entweder aus dem Gefahrenbereich entfernt hat oder auf ein Hindernis
prallt; im letzteren Fall wird bei stärkeren Gefahrenreizen
die Richtung willkürlich gewechselt und weiter geschwommen.
Bei diesen Panikfluchten, die in mit mehreren Tieren besetzten
Becken regelmäßig Kettenreaktionen bei den Tieren
auslösen, zeigen sich Axolotl als durchaus schnelle und
nicht ungeschickte Schwimmer. Die Energie, die für diese
Art der Fortbewegung notwendig ist, bringen sie jedoch freiwillig
niemals auf. |
Schlüsselreize |
Axolotl reagieren
mit Panik auf heftige Reize, die visuell oder als Erschütterungen
wahrgenommen werden, weiterhin auf Klammergriffe (scheinbarer)
Prädatoren. Auch wenn es unsinnig erscheint, löst
bei den visuellen Reizen starkes Licht viel eher Panik aus als
plötzliche Verdunkelung. |
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Ruheverhalten |
Gähnen |
Während
ihrer Ruhephasen zeigen Axolotl manchmal ein zeitlupenhaft verlangsamtes
Aufreißen des Mauls, das an das menschliche Gähnen
erinnert und im Abstand von 10 bis 15 Minuten wiederholt wird.
Welchem Zweck genau dieses "Gähnen" dient, ist
mir nicht bekannt; ich vermute, dass es ähnlich wie das
Recken bei uns Menschen der "Pflege" von Muskeln und
Gelenken dient. |
Fächeln |
Weit häufiger
als das Gähnen ist ein Fächeln der Kiemenäste
zu beobachten, das in unterschiedlichster Frequenz (einmal pro
Sekunde bis hin zu einmal in mehreren Minuten) wiederholt wird. |
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Jahreszyklische
Verhaltensweisen |
Ruhezeit/Winterruhe |
Entsprechend
den Temperaturzyklen in ihrem endemischen Verbreitungsgebiet
halten Axolotl keine Winterruhe. Selbstverständlich verlangsamt
sich wie bei allen Wechselwarmen ihr Stoffwechsel mit sinkender
Temperatur, was auch zu verminderter Aktivität führt.
Eine regelrechte Winterruhe oder gar einen Winterschlaf mit
minimierter Stoffwechselaktivität gibt es jedoch nicht. |
Paarungszeit |
In der Natur
ist der Beginn des Frühjahrs die hauptsächliche Paarungszeit
der Axolotl. Da sich entsprechende Bedingungen mit gleichem
Erfolg aber zu jeder beliebigen Jahreszeit im Aquarium mit gleichem
Erfolg simulieren lassen und darüberhinaus Paarungen spontan
und im Abstand von wenigen Wochen auftreten können, kann
von einer jahreszyklischen Paarung im eigentlichen Sinn keine
Rede sein. |
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